Baugeschichte
der Andreas-Hildebrandt-Orgel in der Pfarrkirche
St. Bartholomäus in Pasłęk



ca. 1550 - ein altes Positiv aus der Bartholomäus-Kirche wird dem Organisten in Elbing verkauft

1580 - Aufstellung eines neuen Positivs in der Kirche

1597 - Bau einer neuen Orgel von einem Orgelmacher Joachim Zickermann aus Königsberg und dem Bildschnitzer Asman Moeller aus Lübeck, das Orgelgehäuse wurde vom Maler Alexander Daurin (Darin) aus Italien vergoldet und bemalt

1717-1719 - Bau einer neuen Orgel von Andreas Hildebrandt aus Danzig (
als erstes so grosses Instrument aus seiner Werkstatt) mit Hilfe eines Elbinger Bildschnitzers, unter Verwendung einiger Teile der Vorgängerorgel von 1597

Die Werke der Orgel wurden in zwei völlig unabhängigen Gehäusen aufgestellt, so dass im südlichen Gehäuse die beiden Manualwerke und im nördlichen die beiden Pedalwerke ihre Plätze fanden. Eine ähnliche Lösung kannte Hildebrandt aus der Danziger Trinitatiskirche, für deren St. Anna-Kapelle er 1710 eine neue Orgel baute. Die Hauptorgel der Trinitatiskirche, deren Hauptkorpus noch aus dem 17. Jh. stammte, hatte auch zwei nebeneinander stehende Gehäuse, ein von denen 1703 hinzugefügt wurde und ausschliesslich Pedalregister enthalten hat.

28. Mai 1719 (Pfingstfest) - Einweihung der neuen Orgel

24. April 1750 - Vertrag mit dem im Oberlande privilegierten Orgelbauer Christoph Heinrich Obuch für den Abbruch, Reparatur und Wiederaufbau der Orgel (wegen Bauarbeiten in der St. Bartholomäus-Kirche)

4. April 1752 - Fertigstellung der Arbeiten durch Christoph Heinrich Obuch

25. Juli 1783 - Kostenanschlag von Christoph Heinrich Obuch für eine erneute Reparatur der Orgel

Ende 1784 - Fertigstellung der 1783 vorgeschlagenen Orgelbauarbeiten

Mitte 1806 - Fertigstellung einer erneuten Reparatur von Jacob Preuss aus Königsberg

1832 - Reparatur der Orgel durchgeführt von Johann Friedrich Frost

1. August 1861 - Vertrag mit dem Orgelbauer G. (Georg?) Ziegler aus Marienburg über eine Reparatur der Orgel, im Oberwerk wurde Salicional 4' zu einem 8' mit neuer Bassoktave umgestellt, eine hölzerne Lieblich Gedacktflöte 16' eingebaut, wobei Kurtzflöte 8' und Sesquialtera 2fach entfernt wurden; die ganze Orgel, die im Chorton stand, wurde durch Umhängen der Traktur um einen Halbton nach unten umgestimmt und eine bis jetzt nicht vorhandene Manualkoppel gebaut; die originalen Registerschilder wurden durch neue überklebt (auf rot Saffian mit Golddruck)

29. Dezember 1864 - Kantor Grabowski nennt in einem Brief an den Superintendenten fehlende Pfeifen in der Orgel: im Manual D und F von Trompet 8', H von Octaf 2', Es von Rohr Flöte  4'; im Oberwerk Es von Prinzipal 4'; im Pedal Cis von Trompet 8' und Cis von Schalmey 4'

1881 - Umbau durch den Orgelbauer August Terletzki: neue Klaviaturen bis f''' wurden eingebaut (der Umfang der Laden wurde nicht geändert und die zusätzlichen Tasten blieben stumm), Vox humana 8' durch Geigenprinzipal 8' ersetzt , Schalmose 8' entfernt, Viola di Gamba 8' und Salicional 8' wurden im Diskant erneuert, Mixtur zum Teils neu gebaut

nach 1881 - der Nachfolger von Terletzki, Wittek in Elbing, hatte die vertragsmäßige Pflege und Stimmung der Orgel aufzuführen

1928-1929 - Pneumatisierung und Umbau der Orgel durch Firma Sauer aus Frankfurt/oder, unter Beibehaltung des alten Pfeifenwerks und Windladen für das Haupt- und Oberwerk

In den letzten Tagen des 2. Weltkrieges wurde die bis dahin vollständige Orgel zum Teil ausgeplündert und anschliessend zwischen 1950 und 1975 von den polnischen Orgelbaufirmen in der damals üblichen Manier mit Zinkpfeifen ergänzt, was die Orgel einerseits spielbar, andererseits klanglich sehr uneinheitlich machte.

Starke Verschmutzung, Verschleiss der Lederteile, fehlende Pflege und unprofessionelle Reparaturversuche haben die Orgel schliesslich stumm gemacht.

Die akute Notwendigkeit der Restaurierung resultierte auch aus der gefährdeten Statik der Orgel, vollständiger Unspielbarkeit, Uneinheitlichkeit des Pfeifenmaterials und des Klanges, wie auch dem Holzwurmbefall.

2009 wurden denkmalpflegerische Richtlinien erarbeitet, eine Orgelkommission berufen und Konsultanten aus Polen und Deutschland engagiert (Experten aus dem Baltischen Orgel Centrum e.V. Stralsund und aus der Staatlicher Musikhochschule in Łódź). Durchgeführt wurden Vergleichsuntersuchungen sämtlicher noch erhaltenen Orgeln von Hildebrandt und von seinen Schülern.

Mit Zustimmung der Denkmalpflege wurden die Umfänge der Arbeiten und die Firmen spezifiziert und gewählt, anschliessend wurde angefangen, die finanziellen Mittel zu organisieren.
2010 wurde die I Etappe der Restaurierungsarbeiten ausgeführt, im deren Rahmen der Orgelprospekt vollständig und die Bälge restauriert wurden, die gesamte Orgel wurde auch demontiert und genauestens dokumentiert. 2011 wurde die II Etappe - erste Arbeiten am Innenleben der Orgel - abgeschlossen. Für 2012  ist die III Etappe und für 2013 die finale IV Etappe der Restaurierungsarbeiten vorgesehen.

Dank der grosszügiger Unterstützung der Hermann-Reemtsma-Stiftung Hamburg konnte für diese Restaurierung der annerkannte Orgelrestaurator Kristian Wegscheider aus Dresden, dem der junge polnische Orgelbauer Szymon Januszkiewicz sekundiert, gewonnen werden.

Spieltisch der Orgel, Zustand nach der Restaurierung.

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